Ich ziehe meinen (Sonnen-)Hut
Auch ich komme langsam in die Jahre und ertappe mich immer öfter dabei, zu denken, dass früher alles einfacher war. Nicht besser wohlgemerkt, aber eben weniger kompliziert. Ob bei der Kindererziehung, der omnipräsenten 2-Faktor-Authentifizierung oder bei Anträgen; gefühlt braucht es in jedem Lebensbereich mindestens einen Masterabschluss, um den Anforderungen gerecht zu werden. Da frage ich mich mit Stirnrunzeln: Wie muss es da erst einem Bauern gehen, der im Grunde «nur» Lebensmittel produzieren will?
Doch statt «säen – pflegen – ernten» gilt: Abstände einhalten, Termine im Auge behalten (nicht zu früh, aber bitte auch nicht zu spät), Vorschriften zu Schutzausrüstung, Lagerung, Einsatz, Aufzeichnungen ... Nach der Lektüre des Artikels auf Seite 10 dieser Ausgabe über den Pflanzenschutzeinsatz schwirrt mir persönlich der Kopf. Daher überrascht es wenig, dass Bauer Freiburghaus aus dem Berner Mittelland seinem Frust in einem neunseitigen Schreiben an das BLW Luft machen musste. Wer sich durch diesen Dschungel kämpft, braucht eben Platz, meine volle Sympathie hat er.
Wo Regeln auf Regeln folgen, bleiben Fragen nicht aus. Wer sich auf die Suche nach Antworten beim zuständigen Amt macht, erlebt nicht selten eine Odyssee von Experte zu Experte, bis man mit etwas Glück auf den Zuständigen trifft. Von Ihnen wird jedoch im Gegenzug erwartet, dass Sie sich in diesem Wirrwarr zurechtfinden: als Allrounder, ohne Masterabschluss, mit voller Agenda und Hitze im Nacken. Ihrem Engagement, Ihrem Durchhaltewillen und auch Ihrer gesunden Portion Coolness zolle ich Respekt und ziehe vor Ihnen meinen Sonnenhut. Ich wünsche Ihnen von Herzen ein paar Momente zum Durchatmen, gerade jetzt mitten in dieser strengen Zeit.