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Diese Woche bei Familie Richter: Most

Der Konkurrenzdruck ist heute viel grösser

Diese Woche dreht sich bei Familie Richter alles um das Thema Most. Bild: zVg

Der Konkurrenzdruck ist heute viel grösser

Marlis Nölly ist Obstbauberaterin beim Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg. Sie ist überzeugt: Auch wenn immer mehr neue Süssgetränke auf den Markt drängen: Most muss sich nicht verstecken.
Interview Ravena Fommelt

Wie hat sich die Mostkultur in der Schweiz im Lauf der Zeit entwickelt?

Most gibt es in der Schweiz im Grunde schon, seit es den Obstanbau gibt – also seit der Römerzeit vor rund 2000 Jahren. Die ersten schriftlichen Hinweise auf vergorenen Most finden sich im Frühmittelalter. Früher war Most ein Standardgetränk, denn es gab deutlich weniger Getränke mit Geschmack als heute und Most schmeckte einfach besser als Wasser. Entsprechend war Most in der Schweiz weit verbreitet und sehr beliebt. Heute hingegen muss sich Apfelsaft gegen die ganze Palette an Süssgetränken in den Ladenregalen behaupten. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert hatte die Schweiz zudem ein erhebliches Alkoholproblem, unter anderem wegen des Mosts. In dieser Zeit begann man deshalb, alkoholfreien Most zu fördern. Most entsteht traditionell durch die Gärung von Apfel- und Birnensaft, wenn Hefepilze den natürlichen Zucker im Saft in Alkohol und Kohlendioxid umwandeln. Die Pasteurisierung wurde Ende des 19. Jahrhunderts erfunden und etablierte sich spätestens Mitte des 20. Jahrhunderts in der Schweizer Mostherstellung. Durch dieses Verfahren, bei dem der frische Most kurzzeitig erhitzt wird, werden Hefen und andere Mikroorganismen abgetötet, die die Gärung und somit die Alkoholbildung bewirken. In den 1980er-Jahren erlebte der Konsum von Süssmost hierzulande einen Tiefpunkt, doch seit einigen Jahren erfreuen sich Mostgetränke wieder wachsender Beliebtheit. 

Wie schneidet Schweizer Most betreffend Beliebtheit und Gesundheit im Vergleich mit anderen Schweizer Süssgetränken wie Rivella, Vivi Kola, Gazosa oder Flauder ab? 

Der Konkurrenzdruck ist heute viel grösser als früher, doch ich denke, der Most muss sich neben anderen Süssgetränken nicht verstecken. Gerade in Bergregionen sind Most oder Schorlen  also verdünnter Most  als Erfrischungsgetränke für viele ein Favorit. Darüber, ob Most wirklich gesünder ist als andere Süssgetränke, streitet man sich. Ich persönlich bin der Meinung, als Naturprodukt ist Most schon gesünder. Es ist einfach der hohe Zuckergehalt, der zu schaffen macht, aber den haben viele andere Süssgetränke auch. 

Aus welchen Regionen in der Schweiz stammt unser Most vor allem? Wie viele Mostereien gibt es im Land?

Mengenmässig stammen etwa 70 bis 80 Prozent des Schweizer Mosts aus der Ostschweiz, also aus den Kantonen Thurgau und St. Gallen. Aber natürlich haben Luzern, das Wallis oder die Waadt auch Mostereien, vor allem kleinere Betriebe, die direkt vermarkten. Es ist schwierig abzuschätzen, wie viele Mostereien es wirklich gibt, da jede Person, die selber Most herstellt, ein Moster oder eine Mosterin ist. 

Was macht einen guten Most aus? 

Ich würde sagen, vor allem der gute Geschmack: Most sollte ein erfrischendes und bekömmliches Getränk sein. Welcher Most nun am besten ist, hängt sehr von den individuellen Vorlieben ab. Unterschiedliche Apfelsorten ergeben unterschiedlichen Most. Klar ist: Schlecht ist ein Most, wenn er Pilzbefall hat und krank macht. Damit das nicht passiert, muss man bei der Herstellung darauf achten, dass man frische, reife und gesunde Früchte verwendet und die Produktionsmaschinen regelmässig reinigt und desinfiziert. Auch beim Pasteurisieren muss sauber gearbeitet werden: Die Temperatur sollte hoch genug sein, damit der Befall der Mikroorganismen wirklich auch gestoppt wird. 

Wie steht es um die Mostbranche allgemein und was sind Zukunftstrends?

Ich hoffe natürlich, Most bleibt im Trend, weil es wirklich ein absolut gutes Produkt ist – und wir haben sehr innovative Mosterinnen und Moster. Es drängen immer neue Kreationen auf den Markt, das ist wirklich schön. Der Trend war in den letzten Jahren zwar insgesamt eher negativ, in der Schweiz wurde etwas weniger Most verkauft. Aber das liegt, wie eingangs erwähnt, eben daran, dass es eine solch starke Konkurrenz auf dem Getränkemarkt gibt. Im Moment stelle ich wieder einen leichten Aufwärtstrend fest, was die Beliebtheit von Most betrifft – dies auch aufgrund spannender neuer Ciderkreationen. 

Thema der Woche

Jede Woche erscheint unter dem Projektnamen «Familie Richter» eine neue Episode zu einem landwirtschaftlich geprägten Thema. Alle Beiträge in voller Länge werden jeweils am Dienstagmorgen unter www.naturtalent.ch/familierichter veröffentlicht. 

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