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Familie Richter

Hier geht's nicht nur um Brot

99 Rappen für ein Pfund Brot? Familie Richter findet das zu günstig.

Folgende Fragen werden im Artikel beantwortet:

- Was geht derzeit in der Brot-Szene eigentlich ab?

- Wann hat Brot zuletzt so wenig gekostet wie derzeit bei Aldi?

- Hat günstiges Brot tatsächlich Sparpotenzial – oder relativiert sich dieser Preis im Kontext?

- Welchen symbolischen Wert hat Brot in der Schweizer Tradition und Kultur?

- Wie unterscheiden sich industriell hergestelltes Brot und Brot aus einer Bäckerei?

- Woran erkennt man «gutes Brot»?

- Ist Vollkorn-Brot wirklich gesünder?

Ob SRFTages-AnzeigerBlickwatsonZentralplus oder nau.chKaum ein grosses Schweizer Medienhaus berichtete am 16. Oktober 2025 nicht über den Preiskrieg um Brot zwischen Schweizer Detailhändlern. Ausgelöst hat das Preis-Dumping der Discounter Aldi, der den Preis für ein halbes Kilo Brot auf unter einen Franken – konkret auf 99 Rappen – senkte. Die Konkurrenzbetriebe Migros, Coop und Lidl zogen rasch nach und reduzierten ihre Brotpreise ebenfalls deutlich.  

Bei der Migros etwa kosten das Halbweissbrot und das Ruchbrot à 500 Gramm je einen Franken weniger als vorher. «Mit dieser Anpassung setzen wir unser Tiefpreisversprechen konsequent um», liess der orange Riese verlauten. Aldi erklärte, man habe neben dem Halbweissbrot auch andere Backwaren im Preis gesenkt, um «Kostenvorteile zu geben, wo immer möglich». 


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Des einen Freud ist hier jedoch des anderen Leid – und in diesem Fall trifft es besonders die Bäckereien, die mit solchen Preisen unmöglich mithalten können. «Damit lässt sich kein Rappen mehr verdienen», wird etwa Ivo Zürcher von der Bäckerei Spatz in Winterthur in 20 Minuten zitiert. Branchenvertreter warnen nun im grossen Stil vor einer Entwertung von Handwerksarbeit und Lebensmitteln.  

Der Zuger Bäcker Silvan HotzPräsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands und Vorstandsmitglied der internationalen Union der Bäcker und Konditoren, verkauft in seiner Bäckerei ein Pfünderli Ruchbrot für vier Franken – und findet, dass es diesen Preis auch wert ist: «Es ist schade, dass wir unseren Mitarbeitenden in den Backstuben nicht den Lohn zahlen können, den sie eigentlich verdienen», sagt Hotz und bringt damit die Komplexität des Themas auf den Punkt. 

Denn Fakt ist: Hinter einem scheinbar simplen Produkt wie Brot steckt eine lange Kette von Arbeitsschritten – vom Anbau des Getreides über die Ernte und das Mahlen zu Mehl bis hin zur Verarbeitung zum Endprodukt Brot. Betroffen sind von den aktuellen Preissenkungen also nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten, die nun allenfalls sparen können, sondern auch die Bäckereien, die für ihr hochwertiges Brot immer weniger Kundschaft finden und schliessen müssen, Fabrikangestellte, die Mehl produzieren und mit Tiefstlöhnen über die Runden kommen müssen, und nicht zuletzt die Schweizer Bäuerinnen und Bauern, die schon heute latent unterbezahlt sind.  


Ein Pfund Halbweissbrot kostet bei Aldi seit Kurzem nicht mal mehr einen Franken. / Bild: aldi.ch

Das grosse Bäckereisterben nimmt seinen Lauf 

Ein Brot für weniger als einen Franken? Das gab es in der Schweiz zuletzt in den 1960er-Jahren, als ein Pfund Ruchbrot noch etwa 40 Rappen kostete. Mitte der 90er-Jahre stieg der Preis für 500 Gramm Ruchbrot erstmalauf über zwei Franken, und spätestens seit 2014 ist das klassische «Pfünderli» kaum noch günstiger erhältlichGemäss dem Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) kostete es im Jahr 2024 durchschnittlich CHF 2.60.


Vielleicht denken manche: «So günstig war Brot vor 60 Jahren!» – doch man muss diese Zahlen im Kontext sehen: Die Löhne sind in den letzten Jahrzehnten ebenfalls deutlich gestiegen. In den 1950er-Jahren gaben Schweizer Haushalte noch bis zu einem Viertel ihres Bruttoeinkommens für Lebensmittel aus – heute liegt dieser Anteil unter 10 Prozent, obwohl Brot nominal teurer ist als vor 60 Jahren.    

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Die aktuelle Brotpreisoffensive steht in starkem Kontrast zu den Preisen in kleinen Handwerksbäckereien. Durchschnittlich konsumieren Herr und Frau Schweizer pro Tag 115 Gramm Brot und bei 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung steht das Gebäck täglich auf dem Speiseplan. Doch die wenigsten Menschen in der Schweiz kaufen ihr «täglich Brot» heute noch beim Dorfbäcker oder in der Altstadt-Bäckerei.  


Das klassische Bäckerhandwerk verliert so nicht nur Kundschaft – es steht in seiner Existenz auf der Kippe.  Innert 20 Jahren mussten hierzulande fast 20 Prozent der Bäckereien den Betrieb einstellen oder haben mit anderen kleinen Bäckerei-Betrieben fusioniert. Jährlich «sterben» in unserem Land etwa 50 Bäckereien 

Das ganze Bild sehen: Der Aspekt «Foodwaste» 

Im vorherigen Abschnitt haben wir Zahlen in den Kontext gesetzt. Doch das grosse Ganze lässt sich noch umfassender denkenEin Pfünderli im Grossverteiler für 99 Rappen oder eines für vier Franken beim Beck ums Eck – das sind halt doch 250 Franken Preisunterschied im Jahr. Oder doch nicht? Gemäss «Foodwaste in der Schweiz»einem Dossier des Vereins Schweizer Brotwerfen wir jedes Jahr 55 Prozent der Brote und Backwaren weg, wobei fast die Hälfte in den Haushalten anfällt.  

Hier könnte die längere Haltbarkeit von handwerklich hergestellten Broten eine Schlüsselrolle spielen: Ein Brot aus der traditionellen Bäckerei ist nämlich nicht nur aromatischer, sondern bleibt dank langem Gärprozess auch länger frisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Abfall landet, ist also äusserst gering.  

Statistik der Woche

Hast du gewusst, dass...?

Interessante Zahlen und Fakten zu Brot:

Interessante Zahlen und Fakten zu Brot

Schweizer Brot – Kulturgut mit Geschmack und Verantwortung 

Brot ist in der Schweiz weit mehr als ein Grundnahrungsmittel – es gehört zu den ältesten Traditionen des Landes und ist eng mit regionaler Identität und Gemeinschaft verbunden. Ob Butterzopf am Sonntagmorgen, 1.-August-Weggen zum Nationalfeiertag oder Dreikönigskuchen am 6. Januar – Brot begleitet die Schweiz durchs Jahr und durchs Leben.  

Von hellem Tessinerbrot bis zu dunklem Ruch- oder Roggenbrot aus der Deutschschweiz zeigt sich die Vielfalt des Landes auch im Backofen. Über 300 Sorten dokumentieren diese kulturelle und geschmackliche Bandbreite – vom einfachen Weissbrot bis zu Spezialbroten mit Nüssen, Früchten oder Getreidemischungen. 

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Auch in Redewendungen hat das Brot Eingang gefunden: «Sein Brot verdienen» oder «jemandem das Brot wegnehmen» spiegeln die elementare Bedeutung des Grundnahrungsmittels als Basis des Lebensunterhalts wider. Wer kein Brot hat, ist in Not. Die starke symbolische Bedeutung des Gebäcks zeigt sich auch im «Brotbrechen», das als uraltes Ritual für Gastfreundschaft und Zusammengehörigkeit steht. Man teilt das Wichtigste, was man besitzt, und schafft damit eine Bindung zu anderen.  

Während in vielen Ländern industriell hergestelltes, nährstoffarmes Weissbrot die Supermärkte dominiert, bietet die Schweiz im Allgemeinen eine breite Auswahl an frisch gebackenen, ballaststoffreichen Broten mit langem Fermentationsprozess. Das bedeutet: Der Teig gärt auf natürliche Weise über mehrere Stunden, teilweise über Nacht. Brot gilt hierzulande oft als vollwertige Mahlzeit – ob beim Frühstück, zum Znüni oder Znacht.  

Aussen goldbraun und knusprig, innen locker und aromatisch frisch, kann sich Schweizer Brot aus traditionellen Bäckereien sehen lassen, denn in ihnen steckt echtes Handwerk: Zeit, Erfahrung und regionale Rohstoffe sorgen für guten Geschmack und hohe Qualität. Kurze Transportwege und lokale Produktion machen Schweizer Brot zudem besonders nachhaltig – sie reduzieren CO₂-Emissionen und stärken die heimische Landwirtschaft. 

Brot aus der Bäckerei vs. Industriell gefertigtes Brot 

Das Aldi-Brot für 99 Rappen gehört hingegen in ein anderes Segment: industriell gefertigt, oft tiefgekühlt angeliefert, standardisiert und mit deutlich kürzerer Gärzeit. Es deckt die Nachfrage nach günstigem Brot und priorisiert Effizienz, steht aber kaum für die handwerkliche Qualität oder kulturelle Tiefe des traditionellen Schweizer Brotes. 

Für Roman Schär, Chef des Wyland Beck in Truttikon ZH, ist industriell hergestelltes Brot kein «echtes Brot». Denn all die Backtriebmittel und Zusatzstoffe für die schnelle Produktion seien nicht nötig, um Brot zu backen, zudem sei solches Brot weniger gesund, schlecht verträglich und kaum haltbar. «Richtig gebackenes Brot bleibt auch ohne Zusatzstoffe bis zu vier Tage knusprig und schmackhaft», sagt Schär, der vor zehn Jahren den Wyland Beck mit seiner Frau Anita Schär von Grund auf aufgebaut hat.  

In der aktuellen Podcast-Folge von «Familie Richter diskutiert» verrät uns der Bäcker aus dem Zürcher Weinland die Geheimnisse guter Brot-Rezepte und teilt seine Tipps zur Verwertung von Resten: 

Podcast-Folge der Woche
Was ist «gutes» Brot?  
Unabhängig vom Ort der Beschaffung rät der Verein Schweizer Brot, bei der Beurteilung eines Brotes die Sinne zu verwenden: Im Optimalfall sei die Kruste goldbraun, unregelmässig, und weist natürliche Risse auf. Ein weiteres Qualitätsmerkmal von Brot sei der «aromatische Duft nach Getreide, Hefe oder Sauerteig. Ein Duft, der sich oft noch verstärkt, wenn Sie die Kruste leicht anhauchen oder reiben», so der Verein auf Anfrage. 
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Schneidet man den Laib an, sei bestenfalls ein knuspriges Geräusch zu hören; das Innere des Brotes – die Krume – sollte elastisch und dehnbar sein. Schliesslich runden Geschmack und Mundgefühl die Beurteilung ab: «Kauen Sie das Brot langsam. Es sollte sich im Mund angenehm anfühlen – nicht zäh oder pappig. Der Geschmack sollte harmonisch und sortentypisch sein, mit gut ausbalancierten Aromen», so der Verein Schweizer Brot.

Vollkorn oder Weissbrot? 

 

Die Mehlarten in der Schweiz unterscheiden sich vor allem durch ihren Ausmahlungsgrad – also den Anteil des Getreidekorns, der nach dem Mahlen im Mehl noch enthalten ist. Je höher der Ausmahlungsgrad, desto mehr Randschichten und Keimlinge des Korns gelangen ins Mehl – damit steigt auch der Gehalt an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. 

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Weissmehl enthält fast nur den inneren Mehlkörper des Korns. Es ist besonders fein, aber auch nährstoffärmer. Halbweissmehl enthält bereits deutlich mehr Schalenanteile, Ruchmehl fast das ganze Korn (ohne Keim) und ist dunkel, kräftig und ballaststoffreich. Vollkornmehl schliesslich enthält alle Kornbestandteile, inklusive Keim und Schale. Es besitzt die höchste Mikronährstoffdichte, ist aber weniger lange haltbar, da auch der Fettgehalt durch den enthaltenen Keimling höher ist 

 

Ob Vollkorn gesünder ist als Weissbrot, lässt sich laut Ernährungsexperten Daniel Winterberg nicht pauschal beantworten. Die Mär vom ‘besseren’ Vollkornbrot in Bezug auf den Anstieg des Blutzuckers oder des Insulins sei längst widerlegt: Wissenschaftliche Untersuchungen wie etwa die Crossover-Studie von Korem et al. zeigen keine klaren Unterschiede in der Blutzucker- oder Insulinreaktion. Die Reaktion ist individuell und vom Mikrobiom abhängig.   

Dennoch rät Winterberg «Wer möglichst viele Nährstoffe aufnehmen möchte, sollte Brot aus Mehlen mit allen Randschichten bevorzugen.» Gut verträgliches Brot erkenne man oft an einer langen Teigführung, bei der problematische Bestandteile wie FODMAPs oder Gluten teilweise abgebaut werden.  

 

Was die Abkürzung «FODMAP» bedeutet und wie die Industrie mit Tricks in der Brotoptik Kundinnen und Kunden täuscht, erklärt Winterberg im Interview am Ende dieses Beitrags. Nachfolgend zeigt Sabrina Grunder von der Mühle Entenschiess im Video, wie in Oberneunforn ZH regionales Mehl entsteht: 

Video der Woche
Interview der Woche

«Nicht überall, wo Körner drauf sind, ist auch Vollkorn drin»

Ernährungsberater Daniel Winterberg, Gründer der Induvital GmbH in Opfikon (ZH), beschäftigt sich mit individueller Ernährung und Stoffwechselgesundheit. Im Interview ordnet er die Rolle von Brot in einer ausgewogenen Ernährung ein – und räumt mit hartnäckigen Mythen auf.  

Herr Winterberg, macht Brot dick? 

Winterberg: Jein. Sportliche Menschen, die ihre Glykogenspeicher in Muskeln und Leber auch leeren und nicht nur füllen, dürfen gerne die eine oder andere Portion verzehren. Doch genau diese Gruppe, die Brot bedenkenlos im Rahmen der Empfehlungen essen dürfte, meidet den Brotverzehr oft. Doch wenn man bereits gefüllte Glykogenspeicher weiter versucht zu füllen, ist der Körper dazu gezwungen, die überschüssige Energie in Form von Fett zwischenzulagern.  


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Welchen Stellenwert hat Brot heute noch in Schweizer Haushalten? 

Brot hat nicht mehr denselben Stellenwert wie früher, ist aber immer noch ein Grundnahrungsmittel für Schweizerinnen und Schweizer: Laut schweizerbrot.ch konsumieren wir hierzulande täglich 115 Gramm davon, mit leicht sinkender Tendenz. Zum Rückgang tragen wohl veränderte Essgewohnheiten bei: Produkte wie Pizza, Pide oder Pita zählen statistisch nicht als Brot, erfüllen aber eine ähnliche Funktion. Nicht erfasst sind zudem jene Menschen, die ihr Brot heute selbst backen. Dank Brotbackmaschinen ist das heute einfacher denn je.  


Ist Brot in der Schweiz heute nicht eher Genuss- als Grundnahrungsmittel? 

Gerade für einen Teil der etwas älteren Bevölkerung in unserem Land ist Brot durchaus noch ein Grundnahrungsmittel. Einfach, weil man früher Brot traditionell zu Salat, Suppe und unsinnigerweise sogar zum Birchermüesli gegessen hat. Sind weisser Toast, Burger Patty oder Sandwichbrot auch Brot im «traditionellen» Sinn? Es gibt viele Menschen, die ernähren sich täglich damit, womit man es schon auch als Grundnahrungsmittel bezeichnen kann. Es gibt aber schon auch Brot als «Genussmittel», also handwerklich hergestellte, «echte» Brote aus Vollkornmehlen oder Sauerteigen ohne Backhilfsmittel. Nach dem Essen eines solchen Brotes ist man für längere Zeit satt, was man bei üblichen Fertigsandwiches nicht sagen kann.  

 

Wie gesund ist Brot eigentlich – gibt es «gutes» und «weniger gutes» Brot? 

Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn es gibt als solches keine wirkliche Evidenz zu gesund und ungesund. Selbst die Mär vom «besseren» Vollkornbrot in Bezug auf den Anstieg des Blutzuckers oder des Insulins, ist wissenschaftlich widerlegt: Eine Studie von Korem et al. zeigte, dass die Reaktion individuell unterschiedlich ist und vom Mikrobiom abhängt – manche profitieren eher von Sauerteig-, andere von Weissbrot. Trotzdem empfehle ich Brote aus Vollkorn- oder Sauerteigmehlen, weil sie mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Mehle aus dem ganzen Korn haben rund vier Mal mehr Mikronährstoffe als Auszugsmehle – und echtes, handwerklich hergestelltes Brot bietet oft auch mehr Geschmack und Bekömmlichkeit.  

Hat moderner Weizen mehr Gluten als früher, wie ein bekannter Mythos besagt? 

Nein, das stimmt so nicht. In den letzten 120 Jahren blieb der Glutengehalt im Weizen konstant. Doch: Untersuchungen des Leibniz-Instituts an 60 Weizensorten von 1891 bis 2010 zeigten, dass der Anteil problematischer Gliadine um 18 Prozent sank, während der Anteil der Glutenine um 25 Prozent stieg. Der Gesamt-Eiweissgehalt moderner Sorten ist sogar leicht niedriger als früher, und der Glutenanteil hängt stark vom Klima ab – mehr Niederschlag im Erntejahr führt zu einem höheren Glutenanteil.  Es wird jedoch manchen Broten extra Gluten (Weizenprotein) für eine bessere Teig-Elastizität zugesetzt, besonders in industriellen Backwaren.  

Was bedeutet «traditionell gebacken» oder «mit langer Teigführung» – und warum ist das besser? 

Bei der langen Teigführung wird der Teig über mehrere Stunden bei niedrigen Temperaturen gelagert, um die Hefetätigkeit zu verlangsamen. Die längere Reifezeit ermöglicht eine intensivere Aromenentwicklung und eine bessere Verdaulichkeit des Brotes. Denn bei langer Teigführung – oder auch Sauerteigherstellung – können bestimmte Bestandteile, sogenannte FODMAP, aber auch Gluten, enzymatisch abgebaut werden. «FODMAP» steht für «Fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole» und bezieht sich auf eine Gruppe von Kohlenhydraten, die im Dünndarm schlecht verdaut und aufgenommen, und deshalb im Dickdarm von Bakterien fermentiert werden. Diese Fermentation kann zu Gasbildung und anderen Verdauungsbeschwerden führen, insbesondere bei Menschen mit bereits bestehendem Reizdarmsyndrom. Eine lange Teigführung war in früheren, vorindustriellen Zeiten, die Regel, auch in der Antike, da konnte man noch keine Backhefe oder Backmittel kaufen 


Was unterscheidet z. B. ein Vollkornbrot von einem Weissbrot ernährungsphysiologisch?  

Weissbrot besteht nur aus dem inneren Mehlkörper des Korns, Vollkornbrot enthält alle Bestandteile. Dadurch hat Vollkornbrot deutlich mehr Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe. Der Nährstoffgehalt von Weissbrot liegt im Vergleich oft nur bei einem Viertel. Ballaststoffe sind wichtig für die Verdauung; die Schweizer Ernährungsgesellschaft empfiehlt täglich 30 Gramm, was kaum zu erreichen ist, aber besonders nicht durch Weissbrot. Aber auch von Vollkornbrot müsste man täglich 4 Kilogramm essen, um auf 30 Gramm Ballaststoffe zu kommen. Gute Alternativen sind dafür etwa Hülsenfrüchte, um den Empfehlungen zumindest näher zu kommen. Weissbrot enthält viele Kalorien und Zucker in Form von Stärke. Doch der Genuss soll halt auch nicht zu kurz kommen, ein Zopf oder Weggli ist halt auch etwas Feines! Die Formel hierzu: viel Bewegung = mehr Weggli und Gipfeli 

 

Wie ist Brot in der Ernährungspyramide zu interpretieren? 

Laut den offiziellen Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) sollten 50 bis 60 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs über Kohlenhydrate abgedeckt werden. Das entspricht bei einem Tagesbedarf von 2500 kcal in etwa 325 Gramm Kohlenhydraten. Die SGE empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Brotportion von 75 bis 125 Gramm, das sind anderthalb bis zweieinhalb Scheiben pro Tag. 125 Gramm entsprechen bereits einem Viertel der täglichen Kalorienaufnahme aus den Kohlenhydraten. Doch diese Angaben der SGE gelten für gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis ca. 60 Jahren. 

Wie hat sich unser Verhältnis zu Brot in den letzten Jahren verändert? 

Gerade in der Fitness Community wird gerne pauschal auf den «Dickmacher» Brot zugunsten von Proteinen verzichtet. Low-Carb macht allerdings bei gewissen Stoffwechsellagen durchaus Sinn. Es wächst auch zunehmend das Bewusstsein dafür, was wirklich im Brot steckt. Die Industrie trägt hier Mitschuld am Vertrauensverlust: Ein mit Malz eingefärbtes Weissbrot mit ein paar Körnern ist kein Vollkornbrot – sondern Konsumententäuschung. Wenn dann echtes Vollkornbrot sieben Franken kostet, greifen viele aber trotzdem zur günstigen Kopie.



Das Wichtigste in Kürze:

  • Aldi verkauft jetzt ein Brot à 500 Gramm für 99 Rappen – andere Supermärkte ziehen nach und senken ebenfalls ihre Brotpreise.

  • Zuletzt war Brot in der Schweiz in den 60er-Jahren so günstig. Diese Preisentwicklung bringt noch mehr Bäckereien in grosse Bedrängnis.

  • Hinter einem Brot stecken viele Arbeitsschritte vom Anbau des Getreides, über das Mehlen des Mehls bis zur Verarbeitung zum fertigen Laib.

  • Betrachtet man Faktoren wie Bekömmlichkeit, Haltbarkeit und Foodwaste ebenfalls – und nicht nur den Preis – hat «günstiges» Brot doch einen hohen Preis, auch für die Konsumierenden. 

  • Vollkornbrot ist nicht pauschal gesünder als Brot aus Weissmehl – es kommt aufs individuelle Mikrobiom an.

  • Während bei Vollkornmehl alle Kornbestandteile noch enthalten sind, enthält Weissmehl nur den inneren Mehlkörper des Korns.

Für den vorliegenden Artikel wurden folgende Quellen verwendet:
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  • «Eating well and staying healthy – Swiss Nutrition Policy 2017-2024» 

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Nahrung fürs Herz: Soziales Engagement in der Landwirtschaft
Familie Richter – Hauptartikel
28. 10. 2025
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