Folgende Fragen werden im Artikel beantwortet:
- Was geht derzeit in der Brot-Szene eigentlich ab?
- Wann hat Brot zuletzt so wenig gekostet wie derzeit bei Aldi?
- Hat günstiges Brot tatsächlich Sparpotenzial – oder relativiert sich dieser Preis im Kontext?
- Welchen symbolischen Wert hat Brot in der Schweizer Tradition und Kultur?
- Wie unterscheiden sich industriell hergestelltes Brot und Brot aus einer Bäckerei?
- Woran erkennt man «gutes Brot»?
- Ist Vollkorn-Brot wirklich gesünder?
Bei der Migros etwa kosten das Halbweissbrot und das Ruchbrot à 500 Gramm je einen Franken weniger als vorher. «Mit dieser Anpassung setzen wir unser Tiefpreisversprechen konsequent um», liess der orange Riese verlauten. Aldi erklärte, man habe neben dem Halbweissbrot auch andere Backwaren im Preis gesenkt, um «Kostenvorteile zu geben, wo immer möglich».
Das grosse Bäckereisterben nimmt seinen Lauf
Ein Brot für weniger als einen Franken? Das gab es in der Schweiz zuletzt in den 1960er-Jahren, als ein Pfund Ruchbrot noch etwa 40 Rappen kostete. Mitte der 90er-Jahre stieg der Preis für 500 Gramm Ruchbrot erstmals auf über zwei Franken, und spätestens seit 2014 ist das klassische «Pfünderli» kaum noch günstiger erhältlich. Gemäss dem Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) kostete es im Jahr 2024 durchschnittlich CHF 2.60.
Vielleicht denken manche: «So günstig war Brot vor 60 Jahren!» – doch man muss diese Zahlen im Kontext sehen: Die Löhne sind in den letzten Jahrzehnten ebenfalls deutlich gestiegen. In den 1950er-Jahren gaben Schweizer Haushalte noch bis zu einem Viertel ihres Bruttoeinkommens für Lebensmittel aus – heute liegt dieser Anteil unter 10 Prozent, obwohl Brot nominal teurer ist als vor 60 Jahren.
Hier könnte die längere Haltbarkeit von handwerklich hergestellten Broten eine Schlüsselrolle spielen: Ein Brot aus der traditionellen Bäckerei ist nämlich nicht nur aromatischer, sondern bleibt dank langem Gärprozess auch länger frisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Abfall landet, ist also äusserst gering.
Statistik der Woche
Hast du gewusst, dass...?
Interessante Zahlen und Fakten zu Brot:
Schweizer Brot – Kulturgut mit Geschmack und Verantwortung
Brot ist in der Schweiz weit mehr als ein Grundnahrungsmittel – es gehört zu den ältesten Traditionen des Landes und ist eng mit regionaler Identität und Gemeinschaft verbunden. Ob Butterzopf am Sonntagmorgen, 1.-August-Weggen zum Nationalfeiertag oder Dreikönigskuchen am 6. Januar – Brot begleitet die Schweiz durchs Jahr und durchs Leben.
Von hellem Tessinerbrot bis zu dunklem Ruch- oder Roggenbrot aus der Deutschschweiz zeigt sich die Vielfalt des Landes auch im Backofen. Über 300 Sorten dokumentieren diese kulturelle und geschmackliche Bandbreite – vom einfachen Weissbrot bis zu Spezialbroten mit Nüssen, Früchten oder Getreidemischungen.
Brot aus der Bäckerei vs. Industriell gefertigtes Brot
Das Aldi-Brot für 99 Rappen gehört hingegen in ein anderes Segment: industriell gefertigt, oft tiefgekühlt angeliefert, standardisiert und mit deutlich kürzerer Gärzeit. Es deckt die Nachfrage nach günstigem Brot und priorisiert Effizienz, steht aber kaum für die handwerkliche Qualität oder kulturelle Tiefe des traditionellen Schweizer Brotes.
Für Roman Schär, Chef des Wyland Beck in Truttikon ZH, ist industriell hergestelltes Brot kein «echtes Brot». Denn all die Backtriebmittel und Zusatzstoffe für die schnelle Produktion seien nicht nötig, um Brot zu backen, zudem sei solches Brot weniger gesund, schlecht verträglich und kaum haltbar. «Richtig gebackenes Brot bleibt auch ohne Zusatzstoffe bis zu vier Tage knusprig und schmackhaft», sagt Schär, der vor zehn Jahren den Wyland Beck mit seiner Frau Anita Schär von Grund auf aufgebaut hat.
In der aktuellen Podcast-Folge von «Familie Richter diskutiert» verrät uns der Bäcker aus dem Zürcher Weinland die Geheimnisse guter Brot-Rezepte und teilt seine Tipps zur Verwertung von Resten:
Podcast-Folge der Woche
Vollkorn oder Weissbrot?
Die Mehlarten in der Schweiz unterscheiden sich vor allem durch ihren Ausmahlungsgrad – also den Anteil des Getreidekorns, der nach dem Mahlen im Mehl noch enthalten ist. Je höher der Ausmahlungsgrad, desto mehr Randschichten und Keimlinge des Korns gelangen ins Mehl – damit steigt auch der Gehalt an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen.
Video der Woche
Interview der Woche
«Nicht überall, wo Körner drauf sind, ist auch Vollkorn drin»
Ernährungsberater Daniel Winterberg, Gründer der Induvital GmbH in Opfikon (ZH), beschäftigt sich mit individueller Ernährung und Stoffwechselgesundheit. Im Interview ordnet er die Rolle von Brot in einer ausgewogenen Ernährung ein – und räumt mit hartnäckigen Mythen auf.
Herr Winterberg, macht Brot dick?
Winterberg: Jein. Sportliche Menschen, die ihre Glykogenspeicher in Muskeln und Leber auch leeren und nicht nur füllen, dürfen gerne die eine oder andere Portion verzehren. Doch genau diese Gruppe, die Brot bedenkenlos im Rahmen der Empfehlungen essen dürfte, meidet den Brotverzehr oft. Doch wenn man bereits gefüllte Glykogenspeicher weiter versucht zu füllen, ist der Körper dazu gezwungen, die überschüssige Energie in Form von Fett zwischenzulagern.
Das Wichtigste in Kürze:
- Aldi verkauft jetzt ein Brot à 500 Gramm für 99 Rappen – andere Supermärkte ziehen nach und senken ebenfalls ihre Brotpreise.
- Zuletzt war Brot in der Schweiz in den 60er-Jahren so günstig. Diese Preisentwicklung bringt noch mehr Bäckereien in grosse Bedrängnis.
- Hinter einem Brot stecken viele Arbeitsschritte vom Anbau des Getreides, über das Mehlen des Mehls bis zur Verarbeitung zum fertigen Laib.
- Betrachtet man Faktoren wie Bekömmlichkeit, Haltbarkeit und Foodwaste ebenfalls – und nicht nur den Preis – hat «günstiges» Brot doch einen hohen Preis, auch für die Konsumierenden.
- Vollkornbrot ist nicht pauschal gesünder als Brot aus Weissmehl – es kommt aufs individuelle Mikrobiom an.
- Während bei Vollkornmehl alle Kornbestandteile noch enthalten sind, enthält Weissmehl nur den inneren Mehlkörper des Korns.