Das Wichtigste in Kürze
Welche Interessen für die Ausbildung elementar sind
Was Laien beim Traktorfahren für Erfahrungen machen
Wie sich die landwirtschaftliche Ausbildung gewandelt hat
Warum den 17jährigen Walti seine Lehre fasziniert
Landwirt werden ist in. In den drei Jahren vor 2023 legte das Berufsfeld Landwirtschaft bei den Zahlen der Lernenden zu, wie die Bauernzeitung im Herbst ’23 schrieb. Im laufenden Schuljahr sind 3’800 Lernende schweizweit in Ausbildung. Von den mehr als 250 Berufslehren, die es in der Schweiz gibt, sind dreizehn im landwirtschaftlichen Bereich zu finden. Allein am Strickhof sind rund 1‘500 Lernende in der beruflichen Grundbildung.
Was der landwirtschaftlich Lernende in der Ausbildung lernt
Mehr als 40 Lernende hat, der Regensdorfer Landwirt Hans Frei seit 1982 ausgebildet. «Man kann den Lehrling vom ersten Tag messen, ob er seine Arbeit auch macht. Und er macht es nicht darum, weil ich es gesagt habe, sondern weil die Tiere im Stall Anspruch auf sauberes Futter und Wasser haben.»
Um eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren zu können, sollte man vielfältig interessiert sein: «Freude an der Natur, an Tieren, an Pflanzen und an der Arbeit draussen, Freude am Umgang mit Maschinen, technischen Anlagen und digitalen Hilfsmitteln sowie einem gewissen Interesse für wirtschaftliche und ökologische Zusammenhänge» fasst Petra Sieghart vom Geschäftsbereich Agriprof beim Schweizer Bauernverband zusammen. Eine breite Interessenspalette also.
Und worauf legt die Ausbildung Wert? «Auf ein gutes Lernklima, auf Praxisbezug und auf methodisch vielfältigen Unterricht» erklärt Erik Meier, Spartenleitung Grundbildung Landwirtschaft & Tierberufe am Strickhof. «Wichtig ist uns auch eine gute Kooperation mit den Lehrbetrieben. In unseren Kursen können die Lernenden in verschiedenen Bereichen mit einer breiten Palette an Maschinen und Geräten üben und die Arbeitsergebnisse direkt vergleichen.»
Das «leichte Fahrgefühl» - wenn Laien Traktor fahren
Apropos Maschinen und Geräte: Jeder weiss, wie ein Traktor aussieht. Man kann ihn durchaus als Symbol für die Landwirtschaft bezeichnen und jedes Smartphone hat ein Traktor-Emoji. Aber nicht jeder weiss, wie man Traktor fährt. Wir machen den Praxistest und schicken Linda Wütherich vom Team Naturtalent auf den Lindenhof in Watt bei Regensdorf. Linda tauscht den vertrauten Sitz ihres Autos mit dem Cockpit eines Traktors. Es beginnt schon mal ungewohnt: «Zum Starten des Traktors nimmst du die Füsse weg vom Pedal.» instruiert der mitfahrende Profi. Linda gehorcht, dreht unsicher ihren Kopf, fragt, wo all die Spiegel sind und los geht’s. «Es ist ein leichtes Fahrgefühl», sagt sie.
Im süddeutschen Königsbach-Stein – das liegt östlich von Karlsruhe – bietet Landwirt Martin Ehrismann Traktorkurse für Anfänger. Kursteilnehmerin Olga Böhm kommt zu einer ähnlichen Erkenntnis wie ihre Anfängerkollegin Linda in Regensdorf. «Dieser Traktor sieht von aussen so gross und bombig aus. Aber wenn man drinsitzt, lässt sich alles so leicht fahren.» Und Linda hätte Lust auf mehr: «Ich würde am liebsten grad noch eine Runde drehen.»
Gesellschaftliche Veränderungen beeinflussen auch die landwirtschaftliche Ausbildung
Lernen Traktor zu fahren ist also für den Laien spannend. In der landwirtschaftlichen Lehre macht das aber nur einen kleinen Teil aus. Sowieso habe sich die Ausbildung enorm gewandelt so Hans Frei: «Das Natel hat eine grosse Veränderung ausgelöst und die Lehrlinge sind auch viel mehr in der landwirtschaftlichen Schule.»
Mehr Handy, mehr Schule und mehr Herausforderungen. Petra Sieghart vom Agriprof: «Oft haben wir Ökologie versus Ökonomie und die hohen gesellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft. Die gleiche Gesellschaft ist aber nicht bereit, angemessene Preise für eine Umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft zu bezahlen.» Ihr wäre wichtig, «dass der biologische Landbau künftig in der Grundbildung integriert ist und nicht mehr separat ausgebildet wird.»
Fast jeder vierte angehende Bauer ist eine sie
Der aktuelle der über 40 jungen Menschen, die auf Hans Freis Lindenhof ausgebildet werden oder worden sind, ist der 17jährige Walti Kunz. «Ich mache jede Arbeit gern», sagt er und betont, dass es wichtig ist, es gern zu machen: «Mit Herzblut. Sonst kann man es grad vergessen.» Das freut seinen Chef. Als junger Landwirt hat Frei seine Ausbildung in der Westschweiz gemacht und rät dem Nachwuchs: «Geht nach der Ausbildung ins Ausland. Ich war in Nordfrankreich. Das war ein Super-Erlebnis.»
Gesamtschweizerisch sind 23% der 3'800 Lernenden weiblich. Das spiegelt sich laut Erik Meier auch im Strickhof, wo die Zahlen sogar noch etwas höher sind: «Im Beruf Landwirt/in EFZ haben wir aktuell 233 Lernende - davon 60 Frauen (26%) und 173 Männer. Der Frauenanteil ist mit 29% in der Erstausbildung höher als in der Zweitausbildung (23 %).» Die bei Frauen beliebteste Landwirtschaftsausbildung ist mit einem Anteil von 36% die zur Gemüsegärtnerin, mit 16% unterdurchschnittlich ist der Frauenanteil dagegen bei den angehenden Weintechnologen.
309 der Lernenden – was etwa 8% entspricht - werden in der Biolandwirtschaft ausgebildet. Und Petra Siegharts Wunsch ist erhört worden: Zukünftig wird "nachhaltige Landwirtschaft" in den ersten zwei Lehrjahren für alle Lernenden unterrichtet.