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Thema heute bei der Familie Richter

Jeder Monat Lagerung erhöht die Treibhausgasemissionen

Interview mit der Agroscope zum ökologischen Fussabdruck von Lageräpfeln. Bild: zVg
Zum Interview haben wir diese Woche auch Mélanie Douziech getroffen. Sie leitet die Forschungsgruppe Ökobilanzen bei der Agroscope. Im Interview stellt sie die CO2-Bilanz des Lagerapfels ins Verhältnis mit einem importierten Apfel aus Neuseeland. 

Man liest häufig, dass die Produktion eines Apfels (ohne Transport und Lagerung) im Verhältnis sehr wenig Treibhausgase ausstösst. Stimmt das? Wieviel kg CO2 werden bei der Produktion von einem Kilogramm Schweizer Äpfel ausgestossen? 

Äpfel haben einen relativ hohen Flächenertrag, bei einem hohen Wassergehalt. Die Ökobilanz eines Kilogramms Schweizer Äpfel aus konventioneller Produktion im Flachland ohne Lagerung ergibt ein Treibhausgaspotential von 100 g CO2-eq/kg Apfel. Im Vergleich zu tierischen Nahrungsmitteln oder Getreide sind die Umweltwirkungen pro Kilogramm tatsächlich tiefer. Berücksichtigt man die Nährwerte, relativiert sich dieses Bild jedoch teilweise.

Transport und Kühlung sind ja sehr energieintensiv und führen deswegen zu hohen Treibhausgasemissionen. Wenn ich nun ein Kilogramm Äpfel mit dem LKW über 100 km transportiere, wieviel zusätzliches CO2 wird dabei freigesetzt? 

Bei einem Transport über 100 km fallen für denselben Apfel noch einmal zusätzlich 32g CO2-eq pro Kilogramm Apfel an. Durch die kurzen Transportwege in der Schweiz ist ein Transport über 100 km aber schon eine recht grosse Distanz.

Und wie sieht es bei der Lagerung aus? Wieviel CO2 wird dabei pro Monat freigesetzt? 

Bei der Lagerung wird tatsächlich relativ viel Treibhausgas freigesetzt. Kühlung hat einen recht hohen Stromverbrauch, was Treibhausgase freisetzt. Zudem haben viele Kältemittel Klimawirkungen und tragen bei einer Freisetzung ebenfalls zur Klimaerwärmung bei. Zusammengenommen führt dies zu einen Treibhausgasemission von ungefähr 32 g CO2-eq pro kg Apfel pro Monat. Der Bau der Lagerinfrastruktur ist aber vernachlässigbar.

Man kann also sagen das Transport und Lagerung für die Treibhausgasbilanz eines Apfels eine sehr grosse Rolle spielen? 

Ja das ist so. Ein LKW-Transport über 100 km erhöht die Treibhausgasemissionen der Äpfel um ca. 30%, aber da die Transportdistanzen in der Schweiz in der Regel nicht so gross sind, fällt dies weniger ins Gewicht. Anders bei der Lagerung, denn eine Lagerung über mehrere Monate ist recht gängig. Jeder Monat Lagerung erhöht aber die Treibhausgasemissionen eines Kilogramm Äpfel um circa 30%. In einer Publikation aus dem Jahr 2022 haben wir uns das genauer angeschaut (Mathis et al. 2022;), dort findet man spannende Details zu Ökobilanz verschiedener Apfelproduktionssysteme. Dabei haben wir auch die Lagerung der Äpfel über 6 Monate hinweg einfliessen lassen. In diesem Zusammenhang muss man auch die Lagerverluste ansprechen. Je mehr Äpfel bei der Lagerung verloren gehen, desto schlechter wird die Klimabilanz der verbliebenen Äpfel. Hier schneiden Bio-Äpfel schlechter ab als konventionelle, da Bio-Äpfel in der Lagerung weniger gut vor Pilzen geschützt werden können.

In den Wintermonaten stellen sich nun für viele Konsumenten die Frage, was ist besser ein Apfel, der aus Neuseeland importiert wird oder ein Schweizer Lagerapfel? Kann man darauf eine einfache Antwort geben? 

Eine Studie aus 2008 der ETH Zürich kommt zum Schluss, dass lokale Produktion in Kombination mit einer langen Lagerung tendenziell besser abschneidet als Fernimporte aus Ländern wie Neuseeland. Das hängt aber auch stark davon ab, wie die Produktionsbedingungen im Herkunftsland sind und wie viel Apfelverlust bei der Lagerung anfällt.

Es kommt also darauf an in welchem Monat man den Apfel kauft. Bis zu welchem Monat ist es den es besser für das Klima einen Schweizer Apfel zukaufen? 

Das ist keine ganz einfache Frage. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, wie die bereits erwähnten Lagerverluste. Mit den aktuell durchgeführten Studien können wir hier noch keine abschliessende Antwort geben. Wir haben aber ein neues Projekt gestartet, das diese und ähnliche Fragen beantworten soll. Bald können wir hier also zusätzliche Aussagen treffen.

Und noch eine letzte Frage: das Verhalten des Konsumenten spielt ja auch eine Rolle bei der Treibhausgasbilanz. Wieviel CO2 wird den ausgestossen, wenn ich mit dem Auto 5km fahre nur um ein Kilogramm Äpfel zukaufen? 

Das Konsumverhalten kann tatsächlich einen sehr grossen Einfluss haben. Dies haben wir im EU-Projekt Smartchain untersucht. Wir haben in diesem Projekt Empfehlungen für Konsumenten, Produzenten und politische Entscheidungsträger abgeleitet, wie man kurze Wertschöpfungsketten für Lebensmittel nachhaltig gestalten kann. Es hat sich gezeigt, dass das Einkaufsverhalten einen grossen Einfluss hat und die Treibhausgasemissionen beim Einkauf jene der Primärproduktion überschreiten können, insbesondere wenn nur kleine Mengen eingekauft werden und der Einkauf mit einem benzin- oder dieselbetriebenen PKW erfolgt. Wenn man sein eigenes Einkaufsverhalten kritisch hinterfragen möchte, kann man die genauen CO2 -Emissionen seines PKWs beim Einkaufen mit diesem Tool selbst berechnen.

Mélanie Douziech leitet die Forschungsgruppe Ökobilanzen bei der Agroscope. Bild: zVg
Mélanie Douziech leitet die Forschungsgruppe Ökobilanzen bei der Agroscope. Bild: zVg

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