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Familie Richter diskutiert das Thema Ausbildung

4 Tage auf dem Betrieb und 1 Tag pro Woche Berufsschule

Familie Richter diskutiert
Zum Interview haben wir diese Woche auch Petra Sieghart getroffen. Frau Sieghart leitet den Geschäftsbereich Agriprof beim Schweizer Bauernverband (SBV).

Agriprof erbringt Dienstleistungen für das landwirtschaftliche Bildungswesen und ist Ansprechpartner für alle an der landwirtschaftlichen Berufsbildung beteiligten Kreise. Mit ihrer langjährigen Erfahrung und ihrem Engagement trägt Sieghart massgeblich zur Stärkung der Bildungsangebote im Agrarsektor bei. 

In ein paar kurzen Worten: wie ist die landwirtschaftliche Grundbildung aufgebaut? 

Sie basiert wie andere Lehrberufe auch auf dem Berufsbildungsgesetz und der Berufsbildungsverordnung. Es handelt sich um eine 3jährige Ausbildung zur LandwirtIn EFZ, wo man über die ganze Dauer der Lehre im Durchschnitt 4 Tage pro Woche auf dem Ausbildungsbetrieb und die restliche Zeit in der Berufsfachschule ist. Dazu kommen noch 8 Tage überbetriebliche Kurse. Daneben gibt es noch eine 2jährige Ausbildung als AgrarpraktikerIn EBA, die im Prinzip gleich aufgebaut ist.

Welche grundlegenden Fähigkeiten und Eigenschaften sollte ein angehender Landwirt Ihrer Meinung nach mitbringen, um die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren? 


Es handelt sich um einen Beruf für Personen mit vielfältigen Interessen: Freude an der Natur, an Tieren und Pflanzen und an der Arbeit draussen (das manchmal auch bei schlechtem Wetter), Freude am Umgang mit Maschinen, technischen Anlagen und digitalen Hilfsmitteln sowie einem gewissen Interesse für wirtschaftliche und ökologische Zusammenhänge. Zudem sollte man wissen, dass die Arbeitstage zwar viel Abwechslung bringen, aber auch lang sind. Insbesondere in der Tierhaltung ist auch mal Wochenendarbeit gefragt.  

Wie hat sich die landwirtschaftliche Grundbildung in den letzten Jahrzehnten verändert? Gibt es Inhalte, die früher eine grössere Rolle spielten als heute – oder umgekehrt? 

So wie sich in den letzten Jahrzehnten in der übrigen Welt vieles geändert hat, hat sich auch die Landwirtschaft verändert. GPS-gesteuerte Traktoren,  Melk- und Mistroboter, Roboter zur Unkrautregulierung, automatische Klimaregulationen in Ställen und Gewächshäusern,  … um nur ein paar Stichworte zu nennen. Umweltthemen haben an Bedeutung gewonnen, vom Klimawandel ist die Landwirtschaft direkt betroffen und der administrative Aufwand ist massiv gestiegen. Auf all das müssen wir reagieren.   

Welche Rolle spielen Themen wie Digitalisierung und moderne Technologien in der landwirtschaftlichen Ausbildung? Sehen Sie darin eher eine Chance oder eine Herausforderung für die künftigen Landwirte? 

Das sehe ich vor allem als eine Chance. Ein grosser Bereich sind elektronische Aufzeichnungen, die nicht nur den Papierkram ersetzen, sondern auch doppelte Arbeit vermeiden. Der andere Bereich sind digitale Hilfsmittel aller Arten, die bei Entscheidungen helfen und damit auch Fehler minimieren können, z.B. im Pflanzenschutz, in der Bewässerung, in der Tiergesundheit. Und die eben durch die Automatisierung auch ganz einfach den Aufwand senken. Wir haben es ja längst mit digital natives zu tun, die in die technischen Herausforderungen problemlos reinwachsen. Datenhoheit und -schutz bleiben hingegen eine Herausforderung. Zudem sind oft hohe Investitionen erforderlich, was vor allem für kleinstrukturierte Betriebe schwierig ist.     

Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für junge Landwirte in der heutigen Zeit im Rahmen der Ausbildung zu bewältigen haben? 

Die Zielkonflikte: oft haben wir Ökologie versus Ökonomie, daneben die hohen gesellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft. Die gleiche Gesellschaft ist aber nicht bereit, angemessene Preise für eine Umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft zu bezahlen. Eine weitere grosse Herausforderung ist der Klimawandel, der Unsicherheit verursacht und grosse Flexibilität erfordert. Wir müssen flexible Menschen mit Unternehmergeist ausbilden. Zudem müssen sich die EFZ-AbsolventInnen bewusst sein, dass es mit dem Lernen nie aufhört – die Grundbildung legt die Basis, aber danach muss man sich lebenslang weiterbilden.  


 

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was würden Sie an der heutigen landwirtschaftlichen Grundbildung sofort ändern oder verbessern? 

Wir sind ja in den letzten Zügen einer Totalrevision der Grundbildung und haben dort gerade viele Verbesserungen erzielt, gerade auch was Nachhaltigkeit und Digitalisierung betrifft. Ganz wichtig ist auch, dass der biologische Landbau künftig in der Grundbildung integriert ist und nicht mehr separat ausgebildet wird. So können die Lernenden verschiedene Produktionsformen kennenlernen und sich vor allem auch untereinander austauschen. Und schliesslich würde ich mich sehr freuen, wenn der Lehrstellenwechsel von allen genutzt würde, am besten in einem anderen Landesteil. Um nicht nur andere Betriebsstrukturen, sondern auch eine andere Sprache kennenzulernen.  

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