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Familie Richter diskutiert das Thema landw. Einkommen

Was verdient ein Bauer?

Familie Richter diskutiert

Das Wichtigste in Kürze

Hohe Arbeitsbelastung, tiefer Lohn: Viele Landwirte brauchen ein Zusatzeinkommen neben dem Hof.

Direktzahlungen sind leistungsgebunden: Sie machen nur einen kleinen Teil des Einkommens aus und sind an Auflagen geknüpft.

Bio-Anbau und grosse Maschinen täuschen: Bio bringt oft nicht mehr ein, und Maschinen gehören häufig Lohnunternehmern.

Verantwortung bei Politik und Konsumenten: Eine faire Agrarpolitik und bewusster Konsum können die Situation verbessern.

Unsere Landwirte arbeiten landauf und landab überdurchschnittlich viel und kommen oft auf einen tieferen Stundenlohn als ein Handwerker. Mittlerweile liegt der Anteil des ausserlandwirtschaftlichen Einkommens am Gesamteinkommen bei 33 Prozent, wie Christian Weber, betriebswirtschaftlicher Berater, erklärt. Trotz offensichtlichen finanziellen Risiken und Engpässen verliert der anspruchsvolle Beruf nicht an Attraktivität und die Anzahl Lernenden bleibt weiterhin stabil. 

Rechenbeispiel aus der Praxis   

Jörg Büchi arbeitet 50 Stunden in seinem Milchviehbetrieb und zusätzlich zehn Stunden in einer Treuhandfirma. “Ich komme nun auf total 140 Stellenprozente und arbeite an sieben Tagen in der Woche", sagt der motivierte Junglandwirt. Für ihn bleiben am Monatsende rund 3000 Schweizer Franken in der Tasche, Direktzahlungen bereits mit eingerechnet. Ein Umstand, den die Statistik mit folgenden Zahlen erläutert: Das landwirtschaftliche Einkommen eines durchschnittlichen Schweizer Betriebs beträgt CHF 80’798 mit 1.35 Familien-Arbeitskräften, was ein Jahreseinkommen pro Familien-Arbeitskraft von CHF 54’800 ausmacht. Der durchschnittliche Stundenlohn mit einer 67 Stunden-Woche beträgt CHF 22, während ein Handwerker bei einer 42 Stunden-Woche aber bereits CHF 33 verdient. 

Das Gesetz und die Verfassung sprechen Bände 

Artikel 104 der Bundesverfassung legt fest, dass ein “angemessenes Entgelt” für erbrachte Leistungen in der Landwirtschaft bezahlt werden muss. Artikel 5 des Landwirtschaftsgesetzes sollte ein durchschnittliches Einkommen für landwirtschaftliche Betriebe sicherstellen, das mit jenem der erwerbstätigen Bevölkerung vergleichbar ist. Doch warum sieht die Realität anders aus? Weber führt den Gedankengang noch weiter aus und räumt mit ein paar Vorurteilen auf: 

Direktzahlungen sind an Bedingungen wie der Förderung der Biodiversität verknüpft und sind somit keine reinen Unterstützungsgelder ohne Gegenleistung. Denn laut Agroscope machen in der Schweiz Direktzahlungen im Durchschnitt rund 22 Prozent des Betriebsertrages aus – Tendenz sinkend. Im Kanton Zürich mit einer flächenmässig kleinen Bergregion sogar bloss 15 Prozent. Somit verdient kein Bauer so richtig viel “Kohle” mit Direktzahlungen.    

Es ist logisch, dass sich der Endkunde auf qualitativ hochstehendes Gemüse eines Biobauers freut. Ein Umstand, den die Grossverteiler marketingtechnisch gerne “ausschlachten”: die Marge auf Bio-Produkte ist nämlich deutlich höher. Doch dieser Mehrpreis kommt dem Produzenten oft nicht zugute, denn die Labelorganisation Bio Suisse hat strenge Auflagen und der Aufwand ist meistens grösser. Auch der Bio-Anbau füllt den Geldbeutel eines Bauern also nicht übermässig.   

Grosse Traktoren sind kein Indiz für das Vermögen eines Landwirts. Denn die Betriebe sind im Laufe der letzten Jahrzehnte um einiges gewachsen. Es kommt auch öfters vor, dass dieser ansehnliche Maschinenpark gar nicht dem Landwirt gehört, sondern sogenannten Lohnunternehmern, welche gewisse Arbeiten im Auftrag der Betriebe ausführen.   

Eine vernünftige Agrarpolitik ist gefragt   

Wer sich ganz der Landwirtschaft hingegeben hat, ist Kantonsrat Martin Huber (FDP) aus Neftenbach. 2009 hing er seinen lukrativen Job in der Finanzindustrie an den Nagel und übernahm den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Der “Vollzeitlandwirt aus Leidenschaft”, wie er sich selbst nennt, kennt lange und intensive Arbeitswochen. “Verdienst ist das eine, gute Work-Life-Balance zu haben das andere”, sagt Huber, der skeptisch gegenüber einem Mindestlohn ist. Huber führt zusätzlich einen eigenen Kompostierbetrieb, wo er den Kunden noch persönlich kennt, mit ihm verhandelt und sich schliesslich auf einen Preis einigen kann.  

“Bei den Direktzahlungen muss man einfach mal ausmisten”, fordert Huber in seinem Plädoyer am Ende des Interviews. “Zudem wird die Landwirtschaft in den Medien ständig schlecht geredet, dabei möchten unsere Schweizer Bauern am Schluss nur gute und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel auf den Markt bringen.” Sein Weckruf ist also nicht nur an die Agrarpolitik gerichtet, sondern auch an den Endkonsumenten, der mit seinem Kaufverhalten den Schweizer Milchpreis steigern könnte.  

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